Der Herbst ist nicht in Sicht

Extreme Wetterausschläge haben immer einen gewissen Einfluss auf die Ereignisse an einem Rennwochenende. Sei es heftiger Regen, so wie in dieser Saison auf dem Slovakiaring oder in Most, sei es extreme Hitze, die Mensch und Maschinen gleichermaßen zu schaffen macht. Völlig ungewöhnlicherweise war das beim sechsten Event des Jahres in Zolder der Fall. Eigentlich konnte sich niemand an vergleichbare Rahmenbedingungen auf der belgischen Rennstrecke erinnern – sollte es also bei einem Truckrennen auf dem Circuit Zolder ähnlich hitzig zugegangen sein, liegt das schon viele Jahre zurück. Der Normalfall hier sind herbstliche Temperaturen und die dazu passende Witterung. Auf jeden Fall hatten die Fahrer und ihre Maschinen einige Mühe, an allen drei Renntagen mit Temperaturen jenseits der 30-Grad-Marke zurecht zu kommen. Der Verdacht lag nahe, dass die beiden Turbolader, die sich im Verlauf des Wochenendes spektakulär zerlegten, nicht zuletzt aufgrund der Hitze den Geist aufgaben.

Zunächst erwischte es ausgerechnet den Dominator. Ein Sieg von Norbi Kiss im ersten Championshiprace galt als gesetzt. Wer sollte dem Ungarn auch die Butter vom Brot nehmen, nachdem er sich – wie in allen vorangegangenen Qualifyings dieses Jahres – die Pole Position gesichert hatte, diesmal mit gut einer halben Sekunde Vorsprung auf Jochen Hahn? Doch wie schon beim Auftakt in Misano war Hahn der Profiteur des technisch bedingten Ausfalls von Kiss im Race 1, er schaufelte sich die 20 Punkte für den Sieg gerne auf sein Punktekonto. 

Damit war aber auch klar, dass Kiss alles daransetzen würde, im zweiten Lauf von ganz hinten nach ganz vorne zu fahren. Es versprach also ein munteres Championshiprennen 2 zu werden. Gute Wettquoten würde man für diese Prophezeiung nicht bekommen, es wäre ja schließlich nicht das erste Mal, dass der erfolgreichste Akteur der letzten Jahre die ganz große Show abzog. So kam es dann auch – allerdings mit einem kuriosen Ende. Nachdem der Fahrer mit der Startnummer 1 sich auch den zu diesem Zeitpunkt in Front liegenden Antonio Albacete zurechtgelegt und den Spanier leichtfüßig überholt hatte, wurde das Rennen abgebrochen. Gewertet wurde in diesem Fall die Reihenfolge bei der letzten Überquerung der Ziellinie – und da lag Antonio noch vorne. Ehrgeizig, wie Kiss nun einmal ist, gefiel ihm dieses Resultat natürlich nicht. Als Dritter durfte André Kursim mit aufs Podium. 

 Am zweiten Renntag lief der rote MAN aus Ungarn wieder zuverlässig über die gesamte Distanz – und dessen Fahrer ließ es einmal mehr ordentlich krachen: Pole Position im Qualifying, Sieg im Championshiprace 3 – und ein weiter Sieg im Championshiprace 4. Man kennt es inzwischen zur Genüge, sollte aber vielleicht wieder einmal anmerken, wenn der amtierende Meister auf seinem Parforceritt von Startplatz 8 an die Spitze des Feldes alles überholte: Steffen Faas, Jose E. Rodrigues, Jamie Anderson, Albacete, Hahn und Sascha Lenz. Zumindest die drei letztgenannten gehören ja zu den stärksten Kräften im Fahrerfeld. Übrigens: Auch das Championshiprace 3 wurde vorzeitig abgebrochen; diesmal war es der Iveco von Luis Recuenco, der mit einer spektakulären Einlage mit Feuer und Rauch und Öl auf der Fahrbahn für das verfrühte Ende nach neun (von zwölf) absolvierten Runden sorgte.

Die deutschen Vertreter mühten sich in Zolder nach Kräften, doch die nötige Portion Glück fehlte den meisten. Jochen Hahn konnte nicht klagen, seine Ausbeute bewegte sich mit drei Podiumsplätzen auf dem gewohnten Niveau. Steffi Halm schied im Rennen 3 mit defekter Lenkung aus (die Reparatur nahm so viel Zeit in Anspruch, dass sie im Rennen 4 aus der Boxengasse starten musste), André Kursim kam im Race 4 als Dritter ins Ziel, wurde aber wegen Overspeed abgestraft, Steffen Faas schrieb nach einem Unfall und dann wegen technischer Probleme zwei Nullrunden, auch Clemens Hecker tauchte nur zweimal in den Punkterängen auf.

ZOLDER 2023 IN BILDERN