Von Rennfahrern und anderen Verrückten

Wie das eben so geht am Nürburgring – man hat angesichts der Größe dieses Motorsportereignisses keine Muße, um groß nachzudenken. Deshalb ist es mir erst am späten Samstagabend und eher zufällig aufgefallen, dass ich in diesem Jahr zum 25. Mal bei einem Truck Grand Prix auf dem Nürburgring war. Einerseits ist es immer wieder das Gleiche: Rennen, Show, Country, Industriepark, kaum Zeit, um mit Freunden und Bekannten, die man dort trifft, fünf Minuten zu verplaudern. Und doch ist jedes Jahr ein wenig anders: Gleich beim ersten Besuch gab’s den Mega-Crash im damals noch vorhandenen Castrol-S. Ein fulminanter Einstieg, nach dem Startunfall sah es auf der Rennstrecke aus wie auf einem Autofriedhof. Am Sonntag war dann Boije Ovebrink einer der ersten Fahrer, mit denen ich mich ausführlich unterhalten konnte. Weil der Schwede seinen Truck nach dem Unfall nur notdürftig wieder zusammenschustern konnte, gab der Volvo Hauber am Sonntag seinen Geist auf – zufällig gerade da, wo ich stand. Boije fährt schon lange keine Rennen mehr, aber wenn wir uns z.B. in Le Mans treffen, wo er regelmäßig mit diversen Showtrucks zu Gast ist, gibt es immer noch ein großes Hallo. 

In den folgenden Jahren gab es die unvergessliche Flugshow mit einer coolen Wingwalkerin auf dem Doppeldecker, der dann auf dem Ring landete. Oder die verrückten Briten mit dem Whacky Grand Prix, einen feuerspuckenden holländischen Indianer, noch mehr Unfälle (aber keiner mehr so spektakulär wie der Massencrash bei der Premiere), glückliche Sieger, ein wegen Nebel gekürztes Programm, ein wegen Stuart Oliver gekürztes Programm (da fiel das letzte EM-Rennen am Sonntagnachmittag aus, weil der Brite zuvor flächendeckend Öl auf der Rennstrecke verteilt hatte) und, vor zwei Jahren, ein Feuerwerk, das weitgehend hinter tief hängenden Wolkenschwaden verschwand. Faszinierend ist auch das Panoptikum an Verrückten (in Bayern ist das als Kompliment zu verstehen!!!), die zu einem Truck Grand Prix gehören. In welcher anderen Rennserie gibt es einen „Fanclub Kehrmaschine“? Danke nochmal Präsident Hennes für die Einladung zur Geburtstagsfeier am Donnerstag. Leider bleibt auch da viel zu wenig Zeit, um diese Menagerie ausführlich zu dokumentieren.

Zu Supertruck-Zeiten luden Industrieunternehmen ihre VIP-Kunden noch zu Hubschrauberrundflügen ein (als Fotograf kam man gelegentlich in den Genuss, mitfliegen zu dürfen und das Riesenfestival von oben zu fotografieren). Inzwischen wurde das Zählsystem umgestellt, die Besucherzahlen werden nun nicht mehr nach verkauften Tickets ermittelt, sondern via Scanner an den Eingängen. Insofern sind die für 2019 kommunizierten 124.000 Besucher eine ehrliche Zahl. 

Zum Nürburgring gehört auch das große Country-Festival in der Müllenbachschleife und die dort auftretenden Protagonisten. Aufs Kennenlernen einiger „Stars“ hätte ich gut verzichten können, nur gut, dass viele Fans nicht um die Allüren dieser Leute wissen. Ganz anders dagegen Tom Astor (Dauergast am Ring) und Country Lady Dagmar (letztere hatte vor fünf Jahren ihren letzten Auftritt) – Stars ohne Starallüren, old school eben, die anderen Leuten mit dem gleichen Respekt begegnen, denen man ihnen und ihrem Job entgegen bringt. Thema Starallüren: Vielleicht liegt es an der langen Zeit, die man sich inzwischen zum Teil kennt – aber einen Truck Racer, egal ob Champion oder „Hinterherfahrer“, mit Starallüren habe ich bis dato erfreulicherweise noch nicht getroffen. Nicht zuletzt deswegen macht der Job immer noch Spaß.

Das Wetter, immer wieder ein Thema in der launischen Eifel, sorgte bei der jüngsten Auflage nur für vergleichsweise kurzandauernde Irritationen: Während der Wetterbericht für Deutschland eine anrollende Hitzewelle mit Spitzen über 35 Grad avisierte – regnete es am Freitagmorgen auf dem Ring. Bis mittags verzogen sich die Regenwolken dann und es wurde ein sommerlich schöner Truck Grand Prix. Der 34. übrigens. Der Termin für den 35. steht notabene auch schon fest. 

Fotos: Richard Kienberger & Mathias Schröder

DER TRUCK GRAND PRIX AUF DEM NÜRBURGRING 2019 IN BILDERN

DER PUNKTESTAND ZUR SAISONMITTE