LACKO SETZT SICH AB

Wer geglaubt hatte, nach der Sommerpause würden die Kräfteverhältnisse in der Europameisterschaft neu justiert, wurde beim fünften Lauf dieser Saison eines besseren belehrt: Auf dem Hungaroring dominierte der bisherige EM-Spitzenreiter Adam Lacko erneut in beeindruckender Manier. Lacko stahl sogar Lokalmatador Norbert Kiss die Show und setzte sich mit drei Siegen in den vier Rennen in der Gesamtwertung weiter von seinen Verfolgern ab. Für Kiss war der Auftritt vor seinen Fans ein Wechselbad der Gefühle. Einerseits konnte der frühere Doppeleuropameister seine Dominanz auf seinem Heimkurs mit beeindruckenden Rundenzeiten im Qualifying  unter Beweis stellen. Aber in den vier Championshiprennen reichte es nur im ersten Anlauf zum erhofften Triumph, da kontrollierte Kiss den ins Iveco-Lager gewechselten Jochen Hahn bis zum Ende der elf zu fahrenden Runden und stand danach ganz oben auf dem Treppchen. Auch Hahn, der ja immerhin die Startnummer 1 auf der Kabine hat, hoffte da noch darauf, Lacko endlich wieder einfangen zu können. Der leistete sich zu Beginn eine kleine Schwäche und kam als Vierter hinter Steffi Halm ins Ziel. Danach allerdings drehte der Tscheche das Spiel und ließ Kiss und Hahn dreimal buchstäblich stehen.

Im dritten Rennen versetzte Lacko Polesetter Kiss beim Start und ließ dessen Attacken ins Leere laufen, mit einer cleveren Strategie, wie er hinterher zu Protokoll gab: "Ich habe ganz schnell den Bildschirm mit dem Kamerablick nach hinten ausgeschaltet. Ich dachte mir, wenn ich da jedesmal Norbi an meinem Heck kleben sehe, werde ich bestimmt nervös und mache einen Fehler. Es hat schon gereicht, wenn ich gelegentlich in den Spiegel geschaut und dann immer den Mercedes ganz groß gesehen habe. Für mich ging es darum, mich nach vorne zu orientierten und möglichst fehlerfrei zu bleiben. Das hat ganz gut geklappt." Kiss wiederum blieb in den Rennen 2 und 4 ganz ohne Ergebnis, er musste die beiden Läufe jeweils vorzeitig beenden. 

Einen starken Auftritt hatte auch Steffi Halm, die drei Mal mit aufs Podest durfte. Sie wurde zweimal Dritte und kam im finalen Lauf sogar noch vor Lackos Teamkollegen Vrsecky ins Ziel, der mit dem dritten Platz eine lange Durststrecke zumindestens vorläufig beendete. Halm betätigte sich in Ungarn übrigens auch als "Mutter der Kompanie": Ihr Team betreute am Samstag eine Gruppe von Kindern, die aus unterprivilegierten Schichten kommen und zum Teil als Waisen  bzw. als Heimkinder aufwachsen. Eine Freiwilligengruppe kümmert sich um die Kinder und kam mit ihnen zum Truckrennen - am Ende durften sie sogar einen von Steffis Pokalen mit nach Hause nehmen. "Für die Kinder war der Besuch des Rennens ein unvergessliches Erlebnis," sagte eine der Betreuerinnen hinterher. >>> http://www.orangyalokligaja.hu/   /  https://www.facebook.com/orangyalokligaja/

Einige Aufregung gab es am Samstag nach dem zweiten Rennen, das zu einer kleinen Materialschlacht geworden war. Die Protagonisten betätigten sich wieder einmal in der Kategorie "Vollkontakt", es gab kaum einen truck, der ohne Schäden ins Ziel rollte. Doch nach langen Beratungen gab es nur eine Strafe für Ryan Smith. Der Drittplatzierte Brite wurde am Sonntag beim Start zum Rennen 3 um einige Plätze nach hinten versetzt. Das vorläufige blieb damit auch das finale Ergebnis. Off Records meinte einer der Rennstewards hinterher, es sei ein schmaler Grat, auf dem man sich bewege: "Wenn man ehrlich ist, war das Rennen eine richtig gute Show für die Besucher, die kommen doch genau deswegen. Es wurde hart gefightet, es gab spektakuläre Überholmanöver und Positionwechsel. Wir müssen halt nur aufpassen, dass die schmale Grenze zwischen fair und unfair nicht überschritten wird. Anders gesagt: Die Fahrer müssen wissen, dass es Grenzen gibt und sie sollen den Respekt vor den Konkurrenten nicht verlieren." Auch Antonio Albacete kam mit einem arg im Mitleidenschaft gezogenen Truck zurück ins Paddock. Aus seiner Sicht hört sich das ähnlich an: "Du musst einfach auf Kontakt fahren. Wenn man dem aus dem Weg geht, wird man gnadenlos durchgereicht und kommt als Letzter ins Ziel."  Glücklich wirkte Albacete bei dem Statement vor seinem zerfledderten MAN allerdings nicht. 

Nach dem Rennen auf dem Hungaroring, das die Mitte der Saison markierte, gibt es nur eine kurze Pause für die Truck Racer. Schon am darauffolgenden Wochenende steht der sechste Lauf auf dem Autodrom Most im Kalender. 

(Fotos: Richard Kienberger/Mathias Schröder)



DER HUNGARORING 2017 IN BILDERN