Mit einem munteren Auftakt starteten die Truckracer in ihre neue Europameisterschaftsrunde. Das Eröffnungswochenende fand wie gewohnt auf dem Circuit Santa Monica an der italienischen Adriaküste statt. Ebenso gewohnt ist inzwischen das Bild, das sich nach einem Rennwochenende bei einem Blick ins Gesamtklassement bietet: Obwohl er nicht viermal als erster über die Ziellinie kam, führt der sechsfache Champion Norbert Kiss mit einer makellosen Bilanz von vier Siegen in vier Wertungsläufen und 60 Punkten vor Jochen Hahn.
Es sei immer ein Risiko, ein neues Rennfahrzeug zu bauen, beteuerte Kiss vor dem ersten Ausritt. Na ja, mag sein, dass der Ungar das so sieht, einen kurzen Moment lang schien es sogar so, als könnte er damit recht behalten. Doch alles andere als wieder einmal ein überlegener Auftritt des Dominators wäre für Fans und Konkurrenten eine große Überraschung gewesen. Nach der sah es nur im ersten Zeittraining aus – ein technisches Problem verhinderte seinen Einsatz im Qualifying. Im ersten Championshiprace des Jahres musste Kiss daher vom Ende des Feldes starten. Was aber nicht weiter ins Gewicht fiel. Denn von ganz hinten pflügte sich der rote MAN – getauft „Balu junior“ –unwiderstehlich durchs Feld und schoss nach zwölf Runden knapp hinter Jochen Hahn über die Ziellinie. Hahn, der ebenfalls mit neuem Truck antritt, durfte sich zwar auf dem Siegerpodest noch ganz oben hinstellen. Wenig später brummten ihm die Rennkommissare allerdings eine Fünf-Sekunden-Strafe auf, so dass der Altensteiger im Final Result auf dem zweiten Platz rangiert.
Den Rest des Wochenendes startete Kiss mal aus der Mitte des Feldes – in den Rennen 2 und 4 mit reverse grid – oder von der Spitze (im Rennen 3, nach dem er sich im Sonntags-Qualifying die Pole Position geholt hatte), wurde aber in allen Fällen als Sieger abgewunken. Angesichts der ungebrochenen Dominanz seines Kontrahenten dürfte es schwer werden für Jochen Hahn, sich den siebten Titel noch vor Kiss zu sichern. Klar ist aber auch, dass vom Rest des Feldes niemand in der Lage ist, den beiden Top-Akteuren am Ende des Jahres ihre Führungsposition streitig zu machen.
Steffi Halm, unverändert die einzige Frau im Racetruck, zeigte sich zum Saisonauftakt gut in Form und musste im ersten Championshiprace nur den Fahrer mit der Startnummer 1 passieren lassen. Diesem dritten Platz ließ sie Rang vier im zweiten Samstagsrennen folgen. Den Sonntag schloss die Schwabentruck-Fahrerin ebenfalls mit den Plätzen 4 und 3 ab. Damit rangiert sie in der Gesamtwertung vor Rückkehrer René Reinert, der den letztjährigen Truck von Norbert Kiss erworben hat, was offenbar ein guter Griff war. Sascha Lenz fiel am Sonntag im Championshiprace 3 aus, seine Punkteausbeute blieb damit überschaubar. Lenz‘ Top-Resultat war der Bronzeplatz im zweiten Samstagsrennen.
Der Sonntagnachmittag brachte dann noch einmal viel Arbeit für etliche Mechaniker mit sich. Im abschließenden Rennen blieben bei mehreren Unfällen die Briten Luke Garrett und Mark Taylor sowie der Spanier Antonio Albacete buchstäblich auf der Strecke, ihre Renngeräte wurden zum Teil erheblich beschädigt. Also Sonderschichten für die Crews, da der nächste Lauf schon am kommenden Wochenende auf dem Lausitzring stattfindet.
Mit Christian Ruppert kam zu Saisonbeginn ein weiterer deutscher Truckracer in die EM, für ihn war das Debüt eine aufregende Sache (siehe Kasten), aber am Ende eines ereignisreichen Wochenendes war Ruppert rundum happy: „Es war eine super Entscheidung, in der Racetruck-EM zu fahren!“
Am Sonntagabend schlüpften dann Jochen Hahn und Steffi Halm noch einmal in ihre Rennanzüge. Auf Initiative von IVECO hatte sich der italienische Formel 1-Veteran Riccardo Patrese angesagt. Er wurde von Jochen Hahn einige Runden lang im Renntempo um den Circuit chauffiert, Halm fungierte als Geleitschutz. Eine neue Erfahrung für den Rennfahrer im Rentenalter, der die Taxifahrt sichtlich genoss.